Lob – Toleranz – Respekt
Lob und Komplimente können – gerade schon in der Erziehung – dazu führen, dass sie mit Liebe oder Anerkennung verwechselt werden. Ein Lob beinhaltet, dass der Lobende darüber Bescheid weiß, was gut oder schlecht für mich ist. Die Gefahr eines Lobes ist letztendlich, dass wir lernen, dass jemand anderes mich danach bewerten kann, in welchem Maß er oder sie meine Handlungen oder Ausdrucksformen als gut oder schlecht (für sich) einschätzt.
Was kann das für Folgen haben? Wir denken, wir sind auf Lob und Wertschätzung von anderen angewiesen, wenn unser Selbstwert uns nicht so stabil erscheint.
Und möglicherweise denken wir irgendwann, wir selbst wüssten auch, was gut oder schlecht für andere ist. Und wenn wir das wissen, wäre es doch gut, wenn wir dem oder der anderen das auch mitteilen und ggf. davon überzeugen, was er zu tun hat, damit er wieder auf die richtige Spur kommt. Dann wird er schon merken, was gut für ihn oder für sie ist. Wir tun also ein gutes Werk, wenn wir andere von Ihren falschen Ansichten befreien und ihnen zeigen, wie das im Leben wirklich läuft. Wir wissen alle, worauf das hinausläuft. Im kleinen in Streit und Unterwerfung, im Großen in Unterwerfung und Krieg – mit vielen Spielarten dazwischen.
Letztendlich hängt es mit unserem Welt- und Menschenbild zusammen, wie wir miteinander umgehen. Wenn ich meinen Mitmenschen respektiere und als Menschen anerkenne, die selbständig und autonom sind, die etwas bewirken wollen und eine eigene Sinngebung haben, dann kann ich mit mit Ihnen austauschen. Und im besten Fall kann durch den Austausch und die Begegnung etwas Neues entstehen. Verschiedene Ansichten werden nicht als Hindernis oder Gefahr angesehen.
Wenn Menschen jedoch meinen, Sie sind im Besitz der alleinigen Wahrheit und andere müssten sich deshalb anpassen und unterwerfen, dann führt das zu Abwertung und Ablehnung von anderen Ansichten. Der oder die andere muss von der Wahrheit überzeugt werden. Das ist doch ganz zu seinem oder ihrem Besten.
Hat bestimmt jeder schon mal erlebt, wenn jemand die Wahrheit kennt und andere davon überzeugen will.
Oft wird in der heißen Phase der Weihnachtszeit, also kurz vor der Bescherung, der Ruf nach mehr Toleranz laut – oft auch mit einem Hinweis ein paar Sätze später, dass zu viel Toleranz aber auch nicht so gut sein kann. Wir können ja nicht alles tolerieren. Wo kämen wir denn da hin.
Toleranz, was bedeutet das eigentlich? Für mich schwingt da immer der Unterton mit: ja, ich weiß immer noch Bescheid, was gut oder schlecht im Leben ist – kenne also schon die Wahrheit. Aber ich bin ja nicht so, für eine Weile nehme ich das mal so hin, wenn Du Dich nicht nach meinen Vorstellungen verhältst. Aber nur, solange es meine Realität nicht zu sehr in Frage stellt.
Und die Tolerierten sind weiterhin irgendwie falsch und gerade mal so geduldet, sind aber nicht ein richtiger Teil der Gemeinschaft, des sozialen Umfelds oder der anderen Person, die sie da duldet. Kann auch schnell anders werden. Auch da gibt es genug Beispiele in der Welt, in der Geschichte und in unserem Umfeld.
Wichtiger wie jede Toleranz ist es, anderen Menschen mit Respekt zu begegnen. Einem Menschen, der die gleichen Bedürfnisse hat wie ich selber, aber vielleicht andere Vorstellungen und Strategien hat, wie er sie erfüllen will oder kann. Mit dieser Einstellung können wir anderen Menschen zunächst zuhören, deren Welt und deren Kontexte zu verstehen versuchen und sie eben auch ebenso berechtigt wie meine eigenen anzusehen.
Da heißt nicht, dass wir alles akzeptieren und uns nicht wehren dürfen, wenn jemand so in meine Welt eingreifen will, dass sie nicht mehr lebenswert ist. Das heißt aber auch nicht, dass wir den oder die andere dann nicht mehr respektieren. Das nicht mehr respektieren kann dazu führen, dass wir nicht mehr zuhören. Wenn wir nicht mehr zuhören, schauen wir nur noch durch unsere eigene Brille und verlieren den Kontakt und dass Verständnis für den anderen.
Verständnis für den anderen ermöglicht es mir aber, genauer hinzuschauen und die Auswirkungen zu erkennen, die das Handeln des anderen für mich und andere haben kann. Wenn ich das nicht kann, kann ich auch nicht die richtigen Maßnahmen ergreifen, weil ich nicht mehr erkennen kann, was den anderen antreibt.
Nun ist das leider leichter gesagt wie getan. Wir können uns dem durchaus bewusst sein. Aber buchstäblich schneller wie wir denken können, reagieren wir dann doch wieder anders wie gewünscht: abwertend, besserwisserisch, selbstherrlich. Das muss Sie nicht so erschrecken, weil unser Unbewusstes meist schneller wirkt, wie unser bewusstes Denken. Wir bewerten Situation und Begegnungen unterbewusst rasend schnell und vergleichen sie mit bereits Erlebtem und reagieren so, wie es vielleicht mal früher hilfreich war. Wie gesagt, dass passiert meist sehr schnell und ohne, dass wir darüber nachdenken.
Wenn Ihnen das auffällt und sie ihre Einstellung oder Haltung ändern wollen, lohnt es sich für sich zu reflektieren, woher diese schnellen Reaktionen auf bestimmte Themen kommen, was Sie z.B. daran hindert zuzuhören oder Verständnis für andere Sichtweisen zu haben.
Das kann mit Erlebnissen in der Kindheit oder Jugend zusammenhängen – z.B. wenn man wie vorhin beschrieben sich nur geliebt gefühlt hat, wenn man etwas dafür getan hat. Selbstreflexion kann unangenehme Gefühle wieder hochkommen lassen. Gefühle, die vielleicht damit zusammenhingen, dass wir nicht anerkannt wurden, wie wir wirklich waren, sondern uns eben anpassen mussten, um geliebt zu werden oder anerkanntes und geliebtes Kind in der Familie zu bleiben. Ich empfehle, anfangs jemand Vertrauten oder jemand, der mit solchen Prozessen Erfahrung hat zur dem Selbstreflexionsprozess einzuladen. Ein Begleiter kann helfen, einen sicheren Raum zu schaffen, in dem unangenehme Gefühle angesehen und gespürt werden können.
Als Ergebnis, können Bedürfnisse und Gefühle bewusst werden, die wir uns lange Zeit nicht erlaubt haben, weil es eben bedrohlich war, diese Gefühle und Bedürfnis zu haben. Deshalb haben wir Schutzmechanismen entwickelt, um uns zu schützen – z.B. Rückzug, Schweigen, Aggressivität und ähnliches.
Das war als Kind oft überlebensnotwendig, ist es aber heute meist nicht mehr. Trotzdem springen diese Schutzmechanismen oft noch unbewusst an, wenn uns bestimmte Auslöser, die mit diesen Situationen verbunden waren, heute begegnen. Das können bestimmte Wörter sein, Stimmungen, Gerüche, Bilder, und vieles mehr.
Je mehr wir uns das bewusst machen können, desto mehr können wir diese Bedürfnisse wieder integrieren und sie auch bei anderen sehen und respektieren. Wir können immer mehr wieder die Verantwortung für uns selber übernehmen.
Übernahme von Verantwortung für sich selbst, hilft sehr, andere respektieren zu können. Wir laden dann nicht mehr unsere Problem beim anderen ab und machen sie oder ihn dafür verantwortlich.
Viel wichtiger wie Lob ist die Fähigkeit, dem anderen mitteilen zu können, was der andere getan hat, was mir gut tut und dass ich gleichzeitig immer Augen und Ohren offenhalte für das, was dem anderen gut tun könnte. Nur ist das auch nicht immer so einfach, weil wir oft gar nicht mehr wissen oder spüren, was uns wirklich gut tut, was wir wirklich brauchen. Manchmal muss man das einfach wieder lernen, weil es genügend andere Menschen gibt, die zu wissen scheinen, was gut für mich ist – sei es in den Medien, bei der Arbeit oder natürlich auch im privaten Umfeld.
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